Close Look - Sich an Bargeld festklammern


Sich an Bargeld festklammern – eine verhaltensbedingte Verzerrung?

In den letzten Jahren haben Anleger enorme Mengen an Bargeld auf Sparkonten oder in Form von Termingeldern angesammelt. Im Jahr 2024 flossen in den USA 925 Milliarden Dollar in Geldmarktfonds, so dass ihr gesamtes Geldmarktvermögen auf ein Rekordniveau von 6,9 Billionen Dollar kletterte. Und das trotz sinkender Zinsen auf diese Ersparnisse. Warum entscheiden sich Anleger für eher begrenzte Erträge auf ihre Anlagen, wenn anderswo potenziell höhere Renditen zur Verfügung stehen? Verhaltensbedingte Verzerrungen, auch „Behavioural Biases“ genannt, könnten eine Erklärung hierfür sein. Hierbei handelt es sich um standardmäßige Denkprozesse, die in der menschlichen Psyche verwurzelt sind und uns auf ausgetretenen Pfaden zu irrationalen Schlussfolgerungen führen können. Wir betrachten im Folgenden eine Reihe von Beispielen.

Psychologen haben über 150 verhaltensbedingte Verzerrungen ermittelt, die die Entscheidungsfindung beeinflussen können. Diese Tendenzen gehören unter anderem zu dem, was uns menschlich macht, und sind in Stressphasen besonders ausgeprägt. In der Investmentwelt können sie eine starke Kraft darstellen. Beispielsweise können Anleger in Phasen der Marktvolatilität Angst haben. Sie nehmen das Schlimmste an und verkaufen ihre Positionen, nachdem die Märkte einen Einbruch erlitten haben. Oder sie nutzen Markteinbrüche nicht, indem sie kaufen, bevor sich die Märkte erholen. Aufgrund irrationaler Gedanken werden langfristige Anlageziele aufgegeben und schlechte Entscheidungen getroffen.

Die vielleicht stärkste verhaltensbedingte Verzerrung unter diesen Umständen ist die Verlustaversion, die sogar als „Investmentkryptonit“ bezeichnet wurde. Studien haben gezeigt, dass Anleger den Schmerz eines Verlustes viel stärker spüren können als die Freude an einem gleichwertigen Gewinn. Es mag nicht logisch sein, aber sie werden versuchen, diesen Schmerz zu vermeiden, indem sie sich für grundsolides Bargeld entscheiden. Auch wenn dies zu Lasten ihrer Anlagerenditen geht. Die Sprache der Investmentbranche, die darauf hinweist, dass man Risiken eingehen muss, um Anlagerenditen zu erzielen, trägt vielleicht auch nicht gerade zu einer Verbesserung der Situation bei.

Es gibt noch weitere Verzerrungen, die die enormen Summen an Bargeld in Geldmarktfonds erklären können. Bestätigungsverzerrung (Confirmation Bias): Dies bedeutet die Suche nach Informationen, die eine ursprüngliche und möglicherweise irrationale Einschätzung bestätigen. Stellen Sie sich das wie eine Echokammer bei Anlagen vor. Ankereffekt (Anchoring Bias): Hierbei legen Anleger zu viel Gewicht auf die ersten Informationen, und weigern sich, die Logik weiterer Belege anzuerkennen. Herdenverhalten (Herding Bias): Hierbei werden Entscheidungen auf der Grundlage populärer Trends getroffen, indem man sich von der Dynamik der Herde mitreißen lässt.

Professionelle Anleger, wie z. B. Fondsmanager, versuchen, verhaltensbedingten Verzerrungen aus dem Weg zu gehen, indem sie bei der Analyse der Aussichten für ihre Anlagen rationale Prozesse zugrunde legen. Auf diese Weise wollen sie den Rezenzeffekt (Recency Bias), unter vielen anderen, vermeiden. Dies ist eine verbreitete Tendenz an den Finanzmärkten, jüngere Ereignisse eher zu bevorzugen als weiter zurückliegende. Der Rezenseffekt veranlasst einige Anleger dazu, bei der Beurteilung, wie sich ein Vermögenswert möglicherweise entwickelt, der kurzfristigen Performance mehr Bedeutung beizumessen als der langfristigen. Kein besonders logischer Schritt, wenn man ihn erst einmal analysiert.

AXA IM Select - Einschätzung

Verhaltensbedingte Verzerrungen können uns zu Lebensentscheidungen – und auch Anlageentscheidungen – veranlassen, die bei näherer Betrachtung nicht streng rational sind. Unsere Anlageentscheidungen können von einer Vielzahl von Verzerrungen beeinflusst werden, die oft auf Kosten höherer Renditen im Laufe der Zeit gehen. Die Verlustaversion ist hierbei vielleicht der schlimmste Übeltäter.

Obwohl sich die Bedingungen seit der Pandemie und der Inflationsblase verbessert haben, bestehen nach wie vor Unsicherheiten über die aktuellen Aussichten. Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten erscheinen jedoch günstig, und die Ökonomen von AXA IM erwartenf in diesem Jahr ein globales Wachstum von über 3 %. Dennoch könnte die Wirtschaftsleistung in den verschiedenen Regionen unterschiedlich ausfallen.

Wir gehen davon aus, dass sich die amerikanische Ausnahmeerscheinung an den Aktienmärkten fortsetzen wird. Für Anleger, die sich Sorgen über hohe Bewertungen im Technologiesektor machen, rechnen wir damit, dass sich das steigende Gewinnwachstum auf ein breiteres Spektrum von Sektoren sowie kleinere Unternehmen ausweiten wird. Bei Rentenpapieren bevorzugen wir globale Hochzinsanleihen. Diese Anlagen profitierten von einem positiven Wachstumsumfeld und niedrigen Ausfallraten sowie höheren Renditen.

Insgesamt sind wir der Ansicht, dass ein aktives Portfoliomanagement und diversifizierte Portfolios die vernünftige Wahl für dieses Jahr sind.